Demokratie erleben, wie man es nicht mehr vergisst
Sprachkurse zu Besuch im Rathaus
Was bedeutet Demokratie? Wie funktioniert sie und welche Voraussetzungen sind notwendig? Die Fakten über Demokratie zu lernen ist das eine, sie selbst zu erfahren das andere. Solche Erfahrungen sind spürbar, eindrucksvoll und damit nachhaltig. Deshalb ist es der Kolping Akademie Würzburg ein Anliegen, ihre Teilnehmer*innen in den Deutschkursen solche Erfahrungen machen zu lassen. Ein Highlight ist immer wieder ein Besuch im Rathaus, verbunden mit kleinen Aufgaben, Recherchen und Begegnungen. Welche Ämter sind im Rathaus vertreten? Wie funktioniert das Bürgerbüro? Wo bekomme ich die Informationen, die ich suche? Wohin muss ich mit meinen Anliegen gehen? Von Veranstaltungen in der Stadt bis zur Mülltrennung, ob Passverlängerung oder Elternberatung – für alles finde ich den passenden Ansprechpartner. In der Geschichtswerkstatt im Foyer im 1. Stock finden sich immer interessante Wechselausstellungen, die man gemeinsam betrachten kann. Gerade waren es die Bilder von dem am 16. März 1945 zerstörten Würzburg, die betroffen machten und zu angeregten Diskussionen darüber führten, ob und wie auch in Syrien oder im Gazastreifen der Aufbau wieder gelingen kann. Heute ist Würzburg so eine lebendige, schöne Stadt – das gibt auch Hoffnung für Aleppo!
Besondere Anlaufstelle für Zugewanderte in Würzburg ist die Geschäftsstelle des Ausländer- und Integrationsbeirats. Der Leiter der Geschäftsstelle Johannes Schrenker ist in Absprache mit Dr. Sigrid Mahsberg, Integrationsbeauftragte an der Kolping Akademie, immer gerne bereit, im Rahmen seiner zeitlichen Ressourcen, Besuchergruppen zu empfangen und über die Arbeit des Beirats und seine Angebote zu informieren.
Äußerst beeindruckend ist der große Ratssaal mit dem Wandgemälde von Wolfgang Lenz, der in diesem Jahr seinen 100 Geburtstag feiern würde. Die ganze Geschichte der Stadt lässt sich anhand der Bilder nachverfolgen, wie dies bei einem der Besuche sogar der Pressesprecher der Stadt persönlich ausführte. Da in diesem Saal auch der Stadtrat tagt, ist es den Besucherinnen und Besuchern immer eine Freude, sich auf die Plätze des Oberbürgermeisters und seiner Referent*innen setzen zu können, eine kurze Ansprache am Rednerpult zu halten und zu sehen, wo die Stadträte der jeweiligen Fraktionen sitzen. Manche Teilnehmer*innen sind überrascht darüber, dass jeder ohne Personen- und Passkontrolle einfach so in das Rathaus und den Ratssaal kommen kann. Wenn dann, wie beim Besuch des Kurses der Dozentin Inna Kopp, noch zufällig auf dem Gang der Oberbürgermeister persönlich vorbeikommt und sich zu einem Gespräch mit der Gruppe bereitfindet, ist das eine außergewöhnliche Erfahrung über die Nahbarkeit von Politikern als Volksvertreter, mit denen man wie mit „normalen Menschen“ einfach so sprechen und scherzen kann. Wieder ist die Überraschung groß, dass es sogar für alle Bürgersprechstunden gibt, zu denen sich jeder anmelden und seine persönlichen Fragen vortragen kann. Das ist Demokratie erleben, wie man es nicht mehr vergisst. Ein System, für das es sich lohnt, einzutreten und sich einzubringen, auch wenn man als Bürger der Stadt noch einen ausländischen Pass besitzt.